BERICHT EXPERTENTELEFON „Cholesterin/Herzinfarkt am 16.06.2016

Herzinfarkt: So können Sie sich schützen

Experten verraten, wie man das persönliche Infarktrisiko effektiv senken kann

(djd). Sich gesund zu fühlen und gesund zu sein, ist nicht immer dasselbe. Denn lebensbedrohliche Krankheiten wie ein Herzinfarkt entwickeln sich oft schleichend, ohne dass der Betroffene es bemerkt. So ist zum Beispiel eine der Hauptursachen, die Arteriosklerose oder „Arterienverkalkung“, durch die sich wichtige Gefäße verengen und schließlich ganz blockiert werden können, zunächst überhaupt nicht zu spüren. Besonders Menschen in den 50ern werden deshalb trotz scheinbar guten Befindens von einem Infarkt oft kalt erwischt. Das muss aber nicht so sein, denn es gibt durchaus bekannte Risikofaktoren, die auf den drohenden Ernstfall hinweisen. Man muss sie nur kennen und rechtzeitig handeln. Dazu berieten renommierte Gefäßexperten unsere Leser und User.

„Die wichtigsten Risikofaktoren für einen Herzinfarkt sind Rauchen, Diabetes, männliches Geschlecht, Herzinfarkte in der Familie, hoher Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen – vor allem ein erhöhtes LDL-Cholesterin“, erklärt Prof. Merkel auf die Frage, wie man seine persönliche Gefährdung abschätzen kann. Gegen Veranlagung und Geschlecht lässt sich natürlich nichts machen, aber andere Faktoren lassen sich durchaus beeinflussen und durch Vorbeugung vermeiden. So sollte man auf das Rauchen verzichten und zur Diabetesprävention auf ein gesundes Gewicht und ausreichend Bewegung achten. Bluthochdruck kann durch geeignete Medikamente gesenkt werde, ebenso der Cholesterinwert – wenn man ihn denn kennt. Prof. Merkel rät deshalb: „Fragen Sie Ihren Arzt nach dem LDL-Cholesterin und lassen Sie sich bei hohen Werten, vor allem über 180 mg/dl, gegebenenfalls von einem Spezialisten testen und auch behandeln. Damit können Sie viel Gutes zur Herzinfarkt-Prävention tun.“

Gutes und schlechtes Cholesterin

Doch warum ist gerade der LDL-Wert so wichtig – und was bedeuten die Abkürzungen LDL und HDL überhaupt? Prof. Klose erläutert, dass es sich dabei um verschiedene Transportformen des Cholesterins im Blut handelt. Da es wasserunlöslich ist, kann es nur in Verbindung mit bestimmten Eiweißen befördert werden. Diese Verbindungen nennt man Lipoproteine. „Cholesterin wird hauptsächlich in Form von Low Density Lipoproteinen – den LDL – transportiert. Deren Menge steht in Beziehung zum Herz-Kreislauf-Risiko, so dass LDL-Cholesterin für ,schlechtes’ Cholesterin steht. Das ,gute‘ Cholesterin ist das der High Density Lipoproteine (HDL), die für den Rücktransport des Cholesterins etwa aus den Arterienwänden zurück zur Leber zuständig sind“, so der Gefäßspezialist.

Der Zielwert orientiert sich am Risiko

Wie hoch der LDL-Wert sein darf, ohne die Gesundheit zu gefährden, ist nicht eindeutig festgelegt, denn nicht für jeden Menschen ist der gleiche Zielwert richtig. Wer keine Risikofaktoren aufweist, bei dem ist ein Wert von 180 mg/dl noch okay. „Die Absenkung des LDL-Cholesterinwertes auf niedrigere Zielwerte erfolgt immer dann, wenn andere Erkrankungen wie zum Beispiel ein zurückliegender Herzinfarkt oder Diabetes bestehen, die zu Arteriosklerose führen können“, führt Dr. Aberle aus. So wird bei erhöhtem Risiko ein Zielwert von unter 100 mg/dl angestrebt, bei hohem und sehr hohem Risiko sogar unter 70 mg/dl.

Lassen sich die angestrebten LDL-Werte nicht mit einer Lebensstil- und Ernährungsumstellung erreichen, was häufig der Fall ist, werden zur Senkung des Cholesterinspiegels Medikamente eingesetzt. Als Standardtherapie haben sich hier Statine bewährt. In manchen Fällen reichen diese aber nicht aus oder die Nebenwirkungen – meist Muskelschmerzen – sind zu stark. Dann kann die Dosis gesenkt oder ein anderes Statin versucht werden. „Wenn es gar nicht anders geht, muss die Medikamentengruppe gewechselt werden. Ezetimib und die neuen PCSK9-Inhibitoren sind Alternativen, die abhängig von der individuellen Situation, der Höhe des Cholesterins und dem Herzinfarktrisiko eingesetzt werden können“, erläutert Prof. Merkel.

Familiäre Hypercholesterinämie von Anfang an behandeln

Besonders wichtig ist eine rechtzeitige und konsequente Behandlung bei Menschen, die unter einer erblichen Fettstoffwechselstörung leiden, der Familiären Hypercholesterinämie. Sie weisen oft schon in jungen Jahren extrem hohe LDL-Cholesterinwerte und dadurch ein stark erhöhtes Herzinfarktrisiko auf. Lebenslang dagegen Tabletten zu schlucken, erscheint Betroffenen oft als hart, doch Dr. Aberle rät in diesen Fällen dringend zu einer konsequenten Behandlung: „Eine relevante Absenkung des LDL-Cholesterins ist nur mit Hilfe einer medikamentösen Therapie möglich.“ Hierdurch werde das Herzinfarktrisiko stark gesenkt. Da die Krankheit mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit vererbt wird, sollten Betroffene auch auf ihre Kinder achten: „Eine frühzeitige Untersuchung ist auf alle Fälle sehr ratsam“, so Prof. Klose.

Fazit: Wer sich vor einem plötzlichen Herzinfarkt schützen will, kann selbst eine Menge dafür tun: Neben der Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen und Bewegungsmangel sollte man vor allem Blutdruck und LDL-Cholesterinwerte regelmäßig testen lassen und bei deutlich überhöhten Werten reagieren. Mit der richtigen Therapie lassen sich auch starke Abweichungen in der Regel gut behandeln und so die Gefahren deutlich verringern.

INFOKASTEN

Weitere Informationen im Internet

  • Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. informiert unter www.lipid-liga.de.
  • Rat und Tipps zum Thema Herzinfarkt, Cholesterin, Vorbeugung und Co. gibt es auch auf den Gesundheitsseiten von www.ratgeberzentrale.de.
  • Für Betroffene von Familiärer Hypercholesterinämie stellen die Patientenorganisation Cholesterin & Co. unter www.cholco.org sowie das Internetportal www.cholesterin-senken.de viele Informations- und Hilfsangebote zur Verfügung.
  • Zahlreiche Fragen und Antworten zum Thema Herz sind auch nachzulesen auf www.experten-im-chat.de

Am Telefon und im Chat saßen für Sie:

Prof. Dr. med. Gerald Klose, ehemaliger Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Klinikum Links der Weser, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Lipidologe, Bremen

Prof. Dr. med. Martin Merkel, Endokrinologe, Lipidologe, Diabetologe, Ärztlicher Leiter Endokrinologikum Hannover

Priv.-Doz. Dr. med. Jens Aberle, Leiter der Sektion Endokrinologie und Diabetologie und der Lipidambulanz am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie

Quelle: djd deutsche journalisten dienste GmbH & Co. KG,
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